Generalsanierung Nürnberg – Regensburg: So ist der Stand vier Monate vor dem Start

„Wir haben tolle Leute an Bord, darunter viele erfahrene Kolleg:innen. Und alle haben Lust, dieses Projekt umzusetzen“, sagt Maria Söylemez. „Das ist der Schlüssel: Leute, die Spaß an der Arbeit haben und sagen: Wir schaffen, dass 2026 wirklich etwas Großes passiert.“ Das Große: die erste Generalsanierung in Bayern – Söylemez leitet sie.

Am 6. Februar geht es auf der 88 Kilometer langen Strecke zwischen Nürnberg und Regensburg los. Sie ist Teil der europäischen Verkehrsachse Rhein-Donau, gehört zu den verkehrsreichsten Strecken in Bayern und ist für Bahnverkehre nach Österreich wichtig. Die Zahlen sprechen für sich: In fünf Monaten Vollsperrung werden über 80 Kilometer Gleis und 40 Weichen neu gebaut, über 60 Kilometer Oberleitung installiert, 20 Stationen modernisiert und mehrere elektronische Stellwerke für das European Train Control System (ETCS) fit gemacht. Das ist viel – doch betrachtet man die einzelnen Posten genauer, wird klar: Das ist gigantisch.

Zum Beispiel die Oberleitung: Nürnberg – Regensburg ist eine der ersten Generalsanierungen, bei der nicht nur der Fahrdraht gewechselt, sondern die Oberleitung inklusive Kettenwerk (fast 100 Kilometer) und Masten komplett erneuert wird. „Die Oberleitung aus den 1960er-Jahren ist veraltet und mit dem aktuellen Betriebsprogramm überfordert“, sagt Söylemez. „Vor allem im Sommer kommt es zu massiven Überlastauslösungen, die Stromversorgung wird unterbrochen und die Züge können nicht mehr mit Strom versorgt werden.“ Deshalb muss die Strecke mit einer neuen Oberleitung, Verstärkungsleitungen und einem Schaltposten bzw. langfristig mit einem Unterwerk ausgerüstet werden. Damit die ganze Anlage zukunftssicher ist, werden außerdem mehr als 1.000 Stahlmasten samt neuer Fundamente errichtet. „Die Fundamente reichen teilweise sechs bis zwölf Meter in den Boden. Da dieser oft felsig ist, brauchen wir Spezialgründungen, was viel Zeit kostet“, so Söylemez.

Damm der Deininger Brücke wird saniert

Zum Beispiel der Oberbau: Die Strecke verläuft häufig in Damm- oder Einschnittlage (Trog). Dabei ist die Tiefenentwässerung wichtig. „Das ist in jedem Abschnitt individuell, da muss man bei der Planung ganz genau hinschauen“, so Söylemez. Außerdem überqueren die Züge das Tal der Weißen Laaber über die Deininger Brücke. Das westliche Widerlager der Brücke liegt auf einem 37 Meter hohen Damm, der sich seit vielen Jahren verformt, was die Gleislage verschlechtert und aufwendige Instandhaltungen nötig macht. „Wir werden den Oberbau mit Winkelstützelementen sichern, die Böschung mit Bodennägeln und einem Stahlnetz. Außerdem werden Bohrpfähle den nordöstlichen Absatz des Damms stabilisieren.“

Zum Beispiel Stationen und Bahnhöfe: „Wir fassen jede Station an, aber in unterschiedlichem Maße“, sagt Söylemez. Bei einigen werden lediglich die Pflasterbeläge oder Wetterschutzhäuser erneuert, andere umfassend modernisiert. Die Arbeiten am Bahnhof Parsberg zeigen beispielhaft im Kleinen, worauf es bei der Generalsanierung im Großen ankommt: Am Bahnhof werden die Wege, die Unterführung und die Bahnsteige modernisiert – und dazu Gleise, Weichen und Oberleitung. Söylemez: „Bei so vielen Gewerken müssen wir alles bis ins kleinste Detail abstimmen, damit es funktioniert. Es ist eine große Chance, dass wir alles in einem Zug neu machen können – aber es ist auch immens planungs- und abstimmungsintensiv.“

Zum Beispiel Stellwerke: Die elektronischen Stellwerke (ESTW) stammen aus dem Jahr 2005. Zwischen Feucht und Regensburg-Prüfening werden mehrere ESTW umgebaut, um sie ETCS-fähig zu machen. Dafür bekommt die Strecke ein neues Achszählsystem. Auch die Betriebszentrale in München, von wo die ESTW bedient werden, wird angepasst.

Mit 20 km/h nachts über die Baugleise

Zum Beispiel Logistik: Material und Maschinen können per Gleis nur über die Strecke selbst – im Norden von Feucht, im Süden von Regensburg – auf die Baustellen gebracht werden, es gibt keine weiteren Zulaufstrecken. Das macht die Logistik komplex. „Von Regensburg nach Neumarkt sind es 60 Kilometer, die während der Bauzeit nur mit 20 km/h befahren werden dürfen. Das genau zu planen und umzusetzen, ist ein hoher logistischer Aufwand.“

Mit 20 km/h nachts über die Baugleise – das gilt auch für Firmen mit Gleisanschluss, die nicht auf die Straße ausweichen können. Etwa in Neumarkt die Firma Max Bögl, die Betonteile für den Brennerbasistunnel produziert, und der Schwellenhersteller RAILONE. Alle anderen Güterzüge werden umgeleitet, teilweise großräumig. Ebenfalls umgeleitet wird der Personenfernverkehr, für den Personennahverkehr gibt es ein Ersatzkonzept mit Bussen.

Schon in vier Monaten startet die Generalsanierung – die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Nach europaweiter Ausschreibung wurde die Bauleistungen größtenteils an die Unternehmen Spitzke und Swietelsky vergeben, die derzeit die Ausführungsplanungen erstellen. Für die ESTW wird Hitachi Rail zuständig sein. Die Bauüberwachung übernehmen eine Bietergemeinschaft (GBL, DB E&C, KMS) und das Würzburger Ingenieurbüro RAILING.

Im Sommer haben vorbereitende Arbeiten begonnen, etwa Vermessungsarbeiten und Kampfmittelsondierungen. Umweltflächen wurden vorbereitet, der Baugrund erkundet und Baustelleneinrichtungsflächen errichtet. „Wir haben die Weichen und das Oberbaumaterial bestellt. Jetzt im Herbst beginnt die Produktion der Stahlmasten und Signalausleger, die dann in den Werken genau geprüft werden“, sagt Söylemez. Im Oktober tourt ein Infomobil entlang der Strecke, um über die Generalsanierung und das Ersatzkonzept zu informieren. „Unser Ziel ist es, dass am 6. Februar kein Fahrgast hilflos am Bahnhof steht, sondern alle über die Generalsanierung informiert sind.“

Wenn dann am 10. Juli wieder Züge auf der Strecke Nürnberg – Regensburg fahren, hat bereits die nächste Generalsanierung in Bayern begonnen: Am 14. Juni starten die Arbeiten auf der Strecke zwischen Obertraubling und Passau.

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